Der steuerfreie Kapitalgewinn bei Veräusserungen von Privatvermögen ist im schweizerischen Steuerrecht fest verankert und eigentlich nicht mehr wegzudenken. Obwohl das Institut von Art. 16 Abs. 3 DBG im Zuge der laufenden Unternehmenssteuerreform III mit der Einführung einer Kapitalgewinnsteuer zu kippen drohte, hat der Bundesrat diese zwischenzeitlich wieder aus der Vorlage entfernt. Der steuerfreie Kapitalgewinn ist ein festes Bekenntnis des Steuergesetzgebers, die natürlichen Personen im Rahmen ihres Eigentums nicht zusätzlich mit Steuern zu belasten und wurde auch vom Bundesgericht mehrfach bestätigt. Der Grundsatz des steuerfreien Kapitalgewinns erfährt trotz seiner hohen Akzeptanz hie und da Einschränkungen, die vorliegend näher dargestellt werden sollen. Die Einschränkungen sind sowohl gesetzlicher Natur als auch Ausflüsse aus der Rechtsprechung, an welcher es in diesem Bereich nicht mangelt.

 

Begriff des Kapitalgewinns

Ein Kapitalgewinn entspricht der Differenz zwischen dem erzielten Veräusserungserlös und den tieferen Anlagekosten und entsteht durch die Veräusserung von Vermögensrechten. Es handelt sich grundsätzlich um Wertzuwachsgewinne, also Mehrwerte, die durch die Ausscheidung eines obligatorischen oder dinglichen Rechts aus dem Vermögen des bisher Berechtigten in ein anderes Vermögensrecht umgewandelt werden (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 3. Aufl., Zürich 2013, § 16 N 118). Als Anlagekosten gilt der Erwerbspreis zuzüglich allfälliger, wertvermehrender Aufwendungen. Mit Veräusserung sind keineswegs nur die rechtsgeschäftlichen Übertragungen von Vermögensrechten (Kauf, Tausch) gemeint, sondern jeder irgendwie geartete Ausscheidungsvorgang, bei welchem die Substanz des bisherigen Vermögensrechts aus der Vermögensspähre des Steuerpflichtigen ausscheidet. Der bisher Berechtigte verliert die wirtschaftliche Verfügungsmacht über das im bisherigen Vermögensrecht verkörperte Wirtschaftsgut und erlangt einen Gegenwert (DBG-Komm, Reich, Art. 16 N 51).

Steuerfreiheit

1. Allgemeines

Resultiert aus der Veräusserung eines dem Privatvermögen zugehörigen, beweglichen Vermögensrechts einer natürlichen Person ein Gewinn, so ist dieser grundsätzlich steuerfrei. Diese Steuerfolge ist eigentlich systemwidrig und bildet gleichzeitig die umstrittenste Ausnahme im Einkommenssteuerrecht. Der erzielte Erlös qualifiziert nämlich ohne Zweifel als Zufluss von aussen und wird von der Einkommensteuergeneralklausel (Art. 16 Abs. 1 DBG) erfasst. Die Steuerfreiheit des privaten (beweglichen) Kapitalgewinns ist deshalb als Ausnahme vom Grundsatz der Gesamtreineinkommensbesteuerung und der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit anzusehen (Reich, Steuerrecht, 2. Aufl., § 13 N 223 m.w.H.).

2. Gründe für die Steuerfreiheit

Eine Besteuerung privater Kapitalgewinne würde selbstverständlich auch ein allgemeines Verlustabzugsrecht mit sich bringen und bedeuten, dass Verluste nicht nur von den Kapitalgewinnen, sondern auch von den übrigen Einkünften abgezogen werden könnten. Diese Konzeption würde unweigerlich zu einem ungewollten Ausfall von Steuersubstrat führen. Ohnehin deuten Erhebungen darauf hin, dass die Ergiebigkeit einer Kapitalgewinnsteuer im Verhältnis zu ihrem enormen Erhebungsaufwand mehr als fraglich ist. Zudem würde eine Kapitalgewinnbesteuerung prozyklisch wirken: bei Wirtschaftswachstum wären die Steuereinnahmen stark, während bei Rezessionen diese Erträge nicht nur wegen der rückläufigen Wirtschaftslage, sondern eben auch wegen den entstehenden Kapitalverlusten stark schwinden würden. Schliesslich würde eine Kapitalgewinnsteuer im internationalen Vergleich der Standortattraktivität der Schweiz schaden (zum Ganzen Reich, Steuerrecht, 2. Aufl., § 13 N 225).

3. Folge der Systemwidrigkeit

Die Tatsache, dass private Kapitalgewinne auf beweglichem Privatvermögen steuerfrei sind, hat dazu geführt, dass die Begriffe des Vermögensertrages und der selbständigen Erwerbstätigkeit von der Rechtsprechung extensiv ausgelegt werden. Gleichwohl sollten private Kapitalgewinne nicht zu stark durch freischwebende Gerechtigkeitsüberlegungen in steuerbaren Vermögensertrag umqualifiziert werden (Reich, Steuerrecht, 2. Aufl., § 13 N 226).

Von Gesetzes wegen steuerbare Kapitalgewinne

Nachfolgende Kapitalgewinne sind steuerbar und damit im Einklang mit der Systematik der Einkommensbesteuerung:

  • Kapitalgewinne im Geschäftsvermögen (Art. 18 Abs. 2 DBG);
  • Grundstückgewinnsteuer: Kapitalgewinne, die durch die Veräusserung von unbeweglichem Vermögen (Grundstücke, Liegenschaften, sonstige beschränkte dingliche Rechte, die als Grundstücke im Grundbuch eingetragen sind) unterliegen der Grundstückgewinnsteuer, unabhängig davon, ob sie sich im Privat- oder Geschäftsvermögen befinden.
  • Transponierung: Nach Art. 20a Abs. 1 lit. b DBG entsteht steuerbarer Vermögensertrag aus der Übertragung einer Beteiligung von mindestens 5% am Grund- oder Stammkapital einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft aus dem Privatvermögen in das Geschäftsvermögen einer Personenunternehmung oder einer juristischen Person, an welcher der Veräusserer oder Einbringer nach der Übertragung zu mindestens 50% am Kapital beteiligt ist, soweit die gesamthaft erhaltene Gegenleistung den Nennwert der übertragenen Beteiligung übersteigt. Dabei ist unerheblich, in welcher Form der Veräusserungserlös dem Einbringer zufliesst (bar oder durch Übernahme eines Darlehens sowie eine Gutschrift auf dem Aktionärskreditorenkonto oder aus einer Nennwertliberierung im Rahmen einer Sacheinlage in die aufnehmende Gesellschaft). Indes liegt kein steuerbarer Vermögensertrag vor, wenn der Verkehrswert der eingebrachten Beteiligung dem Einbringer nicht vergütet, sondern einem Reservekonto (nicht dasjenige der steuerfrei rückzahlbaren Kapitaleinlagereserven [KER]) gutgeschrieben wird (Agio-Lösung) und dadurch eine latente Steuerverhaftung bestehen bleibt. Es bestehen mehrere Gründe, weshalb eine Transponierung als steuerbar angesehen wird. Einerseits werden durch die Einbringung seiner Beteiligung in eine andere, vom selben Aktionär beherrschte Gesellschaft, dem Fiskus an sich der Besteuerung verhaftete Mittel der übertragenen Gesellschaft entzogen, weil sie als steuerfrei rückzahlbares Kapital in eine andere Gesellschaft verbracht werden (Böckli ASA 57, 241 ff.; Altorfer/Altorfer, ST 2009, 320 f.). Andererseits qualifiziert die Einbringung einer Beteiligung in eine andere, selbstbeherrschte Gesellschaft wirtschaftlich gar nicht als Veräusserung (zum Ganzen Reich, Steuerrecht, 2. Aufl., § 13 N 151 f.).
  • Indirekte Teilliquidation: Nach Art. 20a Abs. 1 lit. a DBG qualifiziert der Erlös aus dem Verkauf einer Beteiligung von mindestens 20% am Grund- oder Stammkapital einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft aus dem Privat- in das Geschäftsvermögen (Systemwechsel) einer anderen natürlichen oder juristischen Person, soweit innert 5 Jahren (Sperrfrist) nach dem Verkauf unter Mitwirkung des Verkäufers nicht betriebsnotwendige Substanz ausgeschüttet wird, die im Zeitpunkt des Verkaufs bereits vorhanden und handelsrechtlich ausschüttungsfähig war, als steuerbarer Vermögensertrag.
  • Mantelhandel: Wird eine Gesellschaft aufgelöst, unterliegt der Liquidationsüberschuss (Differenz zwischen Liquidationserlös und dem steuerfrei rückzahlbaren Kapital) der Verrechnungssteuer. Werden die Beteiligungsrechte einer wirtschaftlich liquidierten Gesellschaft veräussert und anschliessend die Firma oder der Zweck der Gesellschaft geändert und oder ihre Organe neu besetzt, findet zwar keine Ausschüttung eines Liquidationsüberschusses statt, wird der an den Veräusserer bezahlte Kaufpreis steuerrechtlich gleichwohl als Auszahlung eines Liquidationserlöses angesehen und unterliegt deshalb der Verrechnungssteuer, der Emissionsabgabe (Art. 5 Abs. 2 lit. b StG) und auch der Einkommenssteuer von Bund und Kantonen (Art. 20 Abs. 1 lit. c DBG; Reich, Steuerrecht, 2. Aufl., § 13 N 137).

Selbständige Erwerbstätigkeit

1. Allgemeines

Der Begriff der selbständigen Erwerbstätigkeit ist in Art. 18 DBG geregelt und ihm kommt im Einkommenssteuerrecht eine zentrale Bedeutung zu. Liegt sie nämlich vor, bilden die zur ihrer Gewinnung eingesetzten Vermögenswerte Geschäftsvermögen, diese können durch Abschreibungen und Wertberichtigungen korrigiert werden, um gewissen Wertschwankungen Rechnung zu tragen und selbstverständlich mindern eingefahrene Verluste – im Gegensatz zur Situation im Privatvermögen – den Ertrag im Geschäftsvermögen. Zudem ist die Verlustverrechnung von Gewinn mit sieben der laufenden Steuerperiode vorangehenden Geschäftsjahren möglich (Art. 67 Abs. 1 DBG), und für noch unbestimmte Verpflichtungen und unmittelbar drohende Verluste dürfen Rückstellungen zulasten der Erfolgsrechnung gebildet werden (Art. 63 DBG).

Der Begriff der selbständigen Erwerbstätigkeit ist von Offenheit und Unschärfe geprägt, weshalb eine griffige Definition Schwierigkeiten bereitet. Reich spricht deshalb von einem «Typus, der sich einer exakten Definition entzieht und nur durch Exemplifizierung des für ihn «Typischen» erklärt werden kann» (Reich, Steuerrecht, 2. Aufl., § 15 N 9). Wichtig bei der Frage, ob eine selbständige Erwerbstätigkeit vorliegt, ist deshalb immer das Gesamtbild.

2. Abgrenzungsfragen

Der unselbständig Erwerbstätige agiert weisungsgebunden, ist also subordiniert und trägt keinerlei unternehmerisches Risiko. Seinen Lohn bezieht er gestützt auf einen rechtsgültig abgeschlossenen Arbeitsvertrag. Dagegen handelt der selbständig Erwerbende auf eigene Rechnung und in eigenem Namen und trägt in der Regel das volle Unternehmerrisiko. Der selbständig Erwerbende koordiniert seine Aktivitäten in eigener Regie und wählt seine Mitarbeiter nach eigenhändig festgelegten Regeln aus und ist für seine Geschäftsbeziehungen und sein Auftreten nach aussen hin selbständig verantwortlich.

Die gelegentliche Beschäftigung grenzt sich zur selbständigen Erwerbstätigkeit insofern ab, als dass Erstere sporadisch und meist aufgrund eines Auftragsverhältnisses nebenberuflich verrichtet wird. Eine solche Tätigkeit gilt auch dann nicht als selbständige Erwerbstätigkeit, wenn sie mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass eine gelegentliche Beschäftigung gleichwohl von der Einkommenssteuergeneralklausel von Art. 16 Abs. 1 DBG erfasst wird und demnach steuerbar ist.

Im Zusammenhang mit der Liebhaberei und der Hobbytätigkeit grenzt sich die selbständige Erwerbstätigkeit insbesondere durch Gewinnerzielungsabsicht aus. Wenn diese vorliegt, kann indes ausnahmsweise eine dem Hobby verschriebene Tätigkeit plötzlich steuerbar werden.

3. Bundesgerichtliche Abgrenzungskriterien

Am meisten Schwierigkeiten bereitet die Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und der selbständigen Erwerbstätigkeit. Das Bundesgericht hat dazu die nachfolgenden Kriterien entwickelt:

  • Systematische oder planmässige Vorgehensweise der steuerpflichtigen Person, also z.B. die planmässige Ausnutzung von Marktentwicklungen
  • Anzahl der Transaktionen bzw. der Geschäfte und die kurze Besitzesdauer
  • Der enge Zusammenhang der Geschäfte zur beruflichen Tätigkeit der steuerpflichtigen Person und der Einsatz von spezifischem Fachwissen
  • Der Einsatz erheblicher fremder Mittel zur Finanzierung der Geschäfte
  • Die Reinvestition der erzielten Gewinne in gleiche oder ähnliche Geschäfte

Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung handelt es sich um Indizien, die zusammen mit anderen eine selbständige Erwerbstätigkeit begründen können. In gewissen Fällen soll aber bereits das Vorliegen eines einzigen Indizes für die Annahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit ausreichen (BGer 29.7.2011, StE 2011 B 23.1 Nr. 71 E. 2.3; BGer 2.12.1999, StE 2000 B 23.1 Nr. 45 E. 2a unter Hinweis auf BGer 8.1.1999, BGE 125 II 113 E. 3c = StE 1999 B 23.1 Nr. 41). Die Indizien an sich sind ein gutes Instrument, um eine selbständige Erwerbstätigkeit festzustellen. Indes kritisiert Reich, dass nicht bloss auf das Vorliegen eines einzigen Indizes abgestellt werden darf, sondern dass jeweils das Gesamtbild ausschlaggebend sein muss (Reich, Steuerrecht, 2. Aufl., § 15 N 21). In der neueren Rechtsprechung nimmt das Bundesgericht nun aber konsequent eine Gesamtwürdigung vor.

4. Anwendungsfälle

Diese Kriterien sind z.B. auf Liegenschaftenhändler, Wertschriftenhändler, Kunsthändler oder Weinhändler etc. anwendbar.

Liegenschaftenhändler: So qualifizierte das Bundesgericht eine mehrfache Parzellierung eines Grundstücks durch eine Miteigentümerin mit anschliessendem Verkauf derselben und unter Einräumung gewisser Grenzbaurechte und einem Durchgangsrecht für Werkleitungen im Hinblick auf eine Überbauung nicht als gewerbsmässigen Liegenschaftshandel. Die Steuerpflichtige war gemäss Kaufrechtsvertrag sogar verpflichtet, am Verkauf der restlichen Miteigentumsanteile mitzuwirken. Gleichwohl nahm das BGer keine selbständige Erwerbstätigkeit an, da die Steuerpflichtige ihren Miteigentumsanteil von ihrem Vater geschenkt erhielt, kein Fremdkapital eingesetzt worden ist und die Steuerpflichtige weder an der Überbauung noch am Verkauf der Parzellen mitgewirkt hatte (BGer 1.3.2010, StE 2011 B 23.1. Nr. 68 E. 2.7).

Kunsthändler: Ein Verkauf einer Giacometti-Skulptur stand zwar in engem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit der steuerpflichtigen Person, gleichwohl verneinte das Bundesgericht die Erwerbstätigkeit wegen der langen Haltedauer und der geringen Anzahl Transaktionen, der fehlenden Reinvestition und dem fehlenden Fremdmitteleinsatz (BGer 29.7.2011, StE 2011 B. 23.1 Nr. 71 E. 2.3, 2.5).

Wertschriftenhändler: Heikel ist insbesondere die Beurteilung von Wertschriftenverkäufen, bei welchen dem Verhältnis zwischen der Anzahl getätigter Transaktionen und der Höhe des verwalteten Vermögens besonderes Augenmerk zu widmen ist. So qualifizieren 165 Transaktionen auf einem Vermögen von 16 Mio. für sich alleine nicht als gewerbsmässig. Wird indes das Vermögen dadurch drei Mal umgeschichtet, so liegt Gewerbsmässigkeit vor (BGer 12.11.2002, StE 2003 B 23.1 Nr. 53). Eine Pianistin mit einem Vermögen von 18 Mio. und 343 Transaktionen in zwei Jahren, keinerlei Fachkenntnissen und ohne Aufnahme von Fremdmitteln wurde ebenfalls als selbständig erwerbstätig eingestuft (BGer 13.11.2002, StE 2003 B 23.1 Nr. 54; a.A. dagegen Reich, Steuerrecht, 2. Aufl., § 15 N 22). Die bundesgerichtliche Rechtsprechung vor Augen lässt den Schluss zu, dass Kunstsachverständige und Bankangestellte durchaus – in einem gewissen Ausmass – private Transaktionen tätigen können, ohne sogleich gewerbsmässig zu handeln. Sobald aber das Element der Fremdfinanzierung vorliegt, kann in der Regel nicht mehr von der Hand gewiesen werden, dass der Steuerpflichtige lediglich Vermögen privat verwaltet, sondern dann ist er auf Vermehrung des Vermögens aus und fällt in die Gewerbsmässigkeit (Reich, Steuerrecht, 2. Aufl., § 15 N 23).

5. Konkurrenzverbot

Wird ein Unternehmen im Rahmen eines Asset oder eines Share Deals verkauft, vereinbaren die Parteien teilweise ein Konkurrenzverbot des Veräusserers bzw. des bisherigen Geschäftsführers, wonach dieser nach dem Vollzug des Kaufvertrages entweder gar nicht oder nur in beschränktem Umfang auf dem bisherigen Geschäftsgebiet weiterhin tätig sein darf. Für den Fall der Verletzung des Konkurrenzverbotes wird eine Konventionalstrafe vereinbart. In Anwendung von Art. 23 lit. d DBG nehmen gewisse Steuerbehörden die Konventionalstrafe als «Entschädigungen für die Nichtausübung eines Rechts» an und besteuern diesen Teil des Kaufpreises als Einkommen. Es gilt indes zu differenzieren: Wird gemäss dem jeweiligen Vertrag bei Verletzung des Konkurrenzverbotes die Konventionalstrafe fällig, kann die Konventionalstrafe steuerlich nicht als Entschädigung für das Konkurrenzverbot angesehen werden, da die Entschädigung eine ganz andere Funktion als steuerbaren Ertrag erfüllt, sie enthält nämlich einen pönalen Charakter. Es muss in diesem Zusammenhang die Frage beantwortet werden, ob über der Strafcharakter, hinaus die Einhaltung des Konkurrenzverbotes vom Sinn und Zweck des Vertrages bzw. nach dem Willen der Parteien entschädigt werden soll (StRG ZH, 29.6.2011, 1 ST.2010.311). Als Indiz für eine eigentliche Entschädigung kann eine spätere, bedingte Kaufpreiszahlung bei Einhaltung des Konkurrenzverbotes qualifizieren (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 3. Aufl., Zürich 2013, § 23 N 44).

Als steuerbare Nichtausübung eines Rechts gelten z.B. der Rückzug einer Baueinsprache (BGer, 20.6.2002, StE 2002, StE 2002 B 26.27 Nr. 5) oder der Rückzug einer Einsprache gegen eine Ortsplanrevision (StGr SO, 23.10.1989, KGSE 1989 Nr. 8). Die Entschädigung für die Nichtausübung eines Rechts ist grundsätzlich dann steuerbar, wenn sie ertragsnah oder erwerbsnah ist. Der Verzicht auf eine Nutzniessung oder ein Wohnrecht sind z.B. ertragsnah. Als erwerbsnah gilt z.B. eine Abfindung für den Verzicht auf eine stille Beteiligung (StGr SO, 1.7.2002, StE 2003 B 26.27 Nr. 6 = KGSE 2002 Nr. 1 für die dBst). Grundsätzlich gilt der Teil der Entschädigung mit Kapitalwert beim Empfänger als blosse Vermögensumschichtung und ist deshalb steuerfrei. Beim überschiessenden Teil ist zu prüfen, ob allenfalls ein steuerfreier Kapitalgewinn vorliegt, ansonsten wird er besteuert.

Stefan Sollberger